Gastkolumne «Langzeitpflege – wohin geht die Reise?» Nach einem Referat von Dr. Daniel Höchli, Direktor CURA- VIVA Schweiz, anlässlich der Informationsveranstaltung des Aargauischen Gesundheitsver- bandes VAKA, am 9. Mai 2019 in Aarau für Grossrätinnen und Grossräte. Die letz- te Le- b e n s p h a s e möchten die meisten von uns selbstbe- stimmt und aktiv verbringen, bei guter Gesundheit bis ins hohe Alter, sozial integriert in Familie, Nachbarschaft und Freundes- kreis – und möglichst lange in den eigenen vier Wänden. Die Realität sieht häufig an- ders aus: Pflegebedürftigkeit tritt mit hoher Wahrscheinlich- keit ein. Die Pflege kann nicht durch die Angehörigen ga- rantiert werden, wegen Über- forderung von Angehörigen kommen auch Misshandlun- gen vor, und die eigenen vier Wände sind oft mit Einsam- keit verbunden. Und am Ende kommt die Frage, wie wir ster- ben wollen: Früher mitten in der Gesellschaft, heute trotz verbreitetem Wunsch, dies möge zu Hause im Kreis der Angehörigen geschehen, doch nur zu oft medikalisiert, insti- tutionalisiert und professiona- lisiert. Sterben verlangt uns heute 50 Entscheidungen ab, ob wir wollen oder nicht. In der Langzeitpflege geht es nicht nur um Pflege, es geht um das Leben! Medizinische, therapeutische, pflegerische und soziale Unterstützung soll für jede betreute Person nach ihren Bedürfnissen individuell kombiniert werden. Interpro- fessionelle Zusammenarbeit der Gesundheits- und Sozial- berufe ist unerlässlich, Pflege und Betreuung gehören zu- sammen. Personenzentrierte Unterstützung heisst: Nicht die Betroffenen richten sich nach den Angeboten, son- dern die Versorgung richtet sich nach ihren Bedürfnissen. Flexible, individuell bezieh- bare Dienstleistungen und Angebote sind gefragt, die Leistungserbringer gefor- dert! Die öffentliche Hand kann nicht alles leisten. Für eine gute Lebensqualität im letzten Lebensabschnitt sind Angehörige, Nachbarn und Einsatz von Freiwilligen uner- lässlich. Dazu braucht es eine Entwicklung hin zu einer «ge- sellschaftlichen Sorgekultur». Schliesslich das liebe Geld: Die Kosten pro Kopf in 2030 bleiben bei gleichem Leis- tungsbezug recht konstant, aber die zunehmende Anzahl über 65-jähriger, Betagter und Hochbetagter führt zu einem markanten Anstieg der Kosten für die gesamte Langzeitpflege – verglichen mit 2011 werden sich diese bis 2045 verdreifa- chen! Es geht aber nicht nur um Geld und Finanzierungs- lösungen, es geht auch um Versorgungs-Strukturen, die künftigen Bedürfnissen ge- recht werden. Zwischen dem unabhängigen Leben in den eigenen vier Wänden einer- seits und der Rundumbetreu- ung und -pflege im Heim andererseits liegt das gröss- te Potenzial im «betreuten Wohnen», wo professionelle ambulante Pflege und Be- treuung Hand in Hand mit Angehörigen und Freiwilli- gen flexible Unterstützung «à la carte» leisten. Rund 7% der heutigen Pflege- und Be- treuungskosten oder jährlich 770 Mio. CHF könnten laut ei- ner Studie unterm Strich durch diese Wohnform eingespart werden. Dazu müssten die Fehlanreize vor allem bei den Ergänzungsleistungen besei- tigt und Angebote entwickelt werden, die Übersicht und Ko- ordination verbessern. ist Der Sennhof in dieser Landschaft gut aufgestellt und hat das Potential, auch morgen und übermorgen zur richtigen Zeit am richtigen Ort bereit zu sein. Künftige Investitionen werden vermehrt in flexible, modulare Angebote wie die Sagimatt fliessen, damit die Bedürfnisse der nachkommen- den Seniorengeneration be- friedigt werden können. Dr. med. Severin Lüscher, VR-Mitglied der Pflegeheim Sennhof AG (mit Erlaubnis des Referenten)